Ein Dossier für den Start, zusammengestellt von David Strohm* für die FSM-Newsletter Nr. 04-20, Dezember 2020
 

Erste Schritte 

Der erste Schritt stellt keine grosse Hürde dar, will aber dennoch gut überlegt sein. Wer sich für eine selbständige Tätigkeit entscheidet, ganz gleich, ob als Mediator/in oder in irgendeinem anderen Beruf, muss bereit und in der Lage sein, das wirtschaftliche Risiko zu tragen. Von den Behörden, insbesondere Steueramt und Ausgleichskasse, werden diejenigen Personen als selbstständig erwerbend angesehen, «die in eigenem Namen und auf eigene Rechnung arbeiten und in ihrer Arbeit unabhängig sind. Sie arbeiten dabei mit eigener Infrastruktur für mehrere Auftraggeber und erstellen die Rechnungen in ihrem Namen». Dafür tragen sie das Inkassorisiko und führen, sofern sie die Umsatzgrenze von 100000 Franken pro Jahr erreichen, Mehrwertsteuer ab.

In welcher Rechtsform sie dies tun, ist unerheblich. Das hat allenfalls Auswirkungen auf den administrativen Aufwand. Selbstständige sind oder haben eine Firma, in Frage kommen Einzelunternehmen, Aktiengesellschaften oder GmbH. Über die Form der Organisation, ihre Arbeitsweise und die Übertragung von Arbeiten an Dritte entscheidet jede und jeder selbst. Auch möglich ist, im Nebenerwerb selbständig erwerbend zu sein und daneben eine angestellte Tätigkeit auszuüben. Dies trifft auf einen Grossteil der in der Schweiz praktizierenden Mediator/innen zu (siehe nächster Beitrag 1.4.)

Welche Rechtsform oder Organisationsform geeignet ist, hängt unter anderem davon ab, wie hoch die erwarteten Umsätze und Risiken sind, ob die Tätigkeit allein oder in der Bürogemeinschaft eines partnerschaftlichen Praxis-/Kanzlei-Verbunds ausgeübt werden soll, ob die Auftraggeber Anforderungen stellen und ob Angestellte für einen tätig sind. Es empfiehlt sich, zu Beginn Kosten und Aufwand tief zu halten. Die Gründung einer AG oder GmbH geht heute sehr schnell, und kann auch nachträglich erfolgen, wenn das Geschäftsvolumen dies sinnvoll macht.   

Im Gegensatz zu bestimmten anderen Tätigkeiten oder Berufen wie etwa Notar/in, Arzt/Ärztin, ist die Arbeit als Mediator/in grundsätzlich frei, d.h. weder bewilligungspflichtig noch anderweitig reglementiert. Auch der Nachweis einer bestimmten Qualifikation ist vom Gesetz her nicht nötig. Allerdings bestehen gewisse Auftraggeber, zum Beispiel Gerichte oder Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) auf den Nachweis einer entsprechenden Ausbildung oder Qualifikation oder den Eintrag in das FSM-Register.

Wer sich selbstständig machen will, muss seinen neuen Status nicht sofort, aber möglichst bald von der zuständigen Ausgleichskasse anerkennen lassen. Im Kanton Zürich etwa ist dies die SVA. Die Ausgleichskassen verlangen dafür entsprechende Belege, etwa Rechnungen und Verträgen. Fortan sind Sozialabgaben zu zahlen, neben AHV/IV auch Beiträge an die Arbeitslosenkassen und Familienausgleichskassen. Die Höhe der Beiträge bemisst sich nach dem Umsatz, der selbst im Voraus deklariert (geschätzt) werden muss. Nachgerechnet wird bei Erhalt der definitiven Steuereinschätzung. Die Bestätigung der Anmeldung bei der Ausgleichskasse dient später auch gegenüber (regelmässigen) Auftraggebern, die damit von der Pflicht entbunden werden, Sozialabgaben abzuführen.

Ratsam ist zudem der (freiwillige) Beitritt zu einer Pensionskasse. Auch dort gilt für die Beitragsbemessung das Prinzip der Selbstdeklaration. An dieser Stelle sei ein Verweis gegeben auf Abschnitt 4.1 dieses Newsletters mit einer Buchrezension zum Thema Pensionskasse für Mediationspersonen. Selbständige können zudem deutlich höhere Beiträge in die freiwillige Vorsorge der 3. Säule einzahlen als Angestellte. Der Absicherung dient ein (ebenfalls freiwilliger) Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Die FSM vermittelt entsprechende Policen zu vergünstigten Konditionen. Darüber hinaus braucht es eine (private Unfallversicherung) sowie optional eine Taggeldversicherung für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. 

Die gesamte Buchhaltung, insbesondere aber Mehrwertsteuer, private Steuerrechnung und die Sozialabgeben, stellt für viele eine als mühsam empfundene Belastung dar. Häufig werden deshalb Fachpersonen aus Treuhand und/oder Steuerberatung beauftragt, den «Papierkram» zu erledigen. Nicht umhin kommt man dabei aber auch dann, sämtliche Belege und Nachweise aller Art sorgsam aufzubewahren und vorzusortieren.

Für Einzelfirmen ist der Eintrag ins Handelsregister erst ab einem Umsatz von 100'000 Franken obligatorisch. Die Eintragung im Handelsregister bewirkt eine Buchhaltungspflicht. Bis zu einem Umsatz von einer halbe Million Franken pro Jahr reicht eine summarische Aufstellung von Vermögen, Einnahmen und Ausgaben sowie Entnahmen und Einlagen). Darüber bracht es eine vollständige Buchhaltung mit Bilanz und Erfolgsrechnung. Bei einer AG oder GmbH ist zudem eine Revision nötig. Trotz allem: Wer den Sprung in die Selbständigkeit schafft, empfindet oft eine grosse Befriedigung: Man führt sich dort angekommen, wo es immer hin gehen sollte. Die Arbeit wird als vielseitig, spannend und interessant angesehen. Wer dabei keine Angst hat, auch scheitern zu können, sollt es tun!

Informationen zu den formalen Aufgaben des ersten Schrittes bietet das Auskunftsportal für die Unternehmensgründung des Bundes.
https://www.kmu.admin.ch/kmu/de/home.html  

Weitere Dokumente zur Berufsausübung hält die FSM bereit:
https://www.mediation-ch.org/cms3/de/dokumente und https://www.mediation-ch.org/cms3/de/verband/dachverband/dienstleistungen/berufspersonen

 

Selbständig arbeiten – Honorare und Marktvolumen

Über das liebe Geld und wie es hereinkommen soll, haben wir nach dem weiten Exkurs über die formellen Aspekte von Gründung und Aufbau noch gar nicht gesprochen. Weit vor dem Sprung in die Selbständigkeit steht die Frage: Werde ich mit meiner Tätigkeit genügend Einnahmen erwirtschaften, um davon leben zu können? Das hängt ab von Volumen des anvisierten Marktsegments, von der Fähigkeit, Aufträge zu akquirieren, von der Bereitschaft der Klienten, für die angebotenen Dienste angemessene Honorare zu zahlen, und, und, und.

Eine Projektion liefern Business- und Finanzplan, deren Erstellung für jede Firmengründung dringend empfohlen ist. Neben die Geschäftsidee und der angestrebten Zielgruppe enthalten diese sind eine eingehende Markt- und Wettbewerbsanalyse. Beschrieben werden auch die geplanten Marketingmassnahmen, die geplante Organisation sowie Personal- und Finanzbedarf

Letzterer enthält in der Regel eine Umsatz- und Kostenplanung, sowie eine Liquiditätsprognose. Besteht für Investitionen ein Kapitalbedarf, dienen die genannten Inforationen auch der Bank als Kreditgeberin.

Das erzielbare Einkommen abzuschätzen, ist nicht einfach. Hinweise geben hierzu und zum Marktvolumen für Mediationstätigkeiten in der Schweiz geben zwei Umfragen aus den Jahren 2008 und 2014, die also schon etwas länger zurückliegen.

Von den befragten Mediationspersonen gaben nur gerade 5% an, die Mediationstätigkeit vollamtlich mit 80-100% ihrer Arbeitszeit auszuüben. Für mehr als die Hälfte der Befragten macht die Mediation nur ein Zehntel ihrer beruflichen Tätigkeit aus. Ein Drittel gab an, in 30 - 50% ihrer beruflichen Tätigkeit mit Mediation zu beschäftigen. Ebenfalls ein Drittel ist daneben im Bereich Consulting und Coaching tätig. Der Bildungssektor, die Rechtspflege, sowie Industrie und Dienstleistungen sowie Hausarbeit und Sozialarbeit sind weitere Bereiche, in denen viele MediatorInnen tätig sind.

Gut zwei Drittel der Umfrageteilnehmenden führen Mediationen als Freischaffende aus. Viele haben darüber hinaus aber auch noch eine Festanstellung in einer Firma oder in der Verwaltung. Ehrenamtlich arbeiten 17%, und 9% sind bereits pensioniert.

70% der MediatorInnen verrechnete pro Stunde einen Ansatz zwischen 100 und 250 Franken. Dies ist seit 2008 unverändert geblieben. Der Durchschnitt bei 169 Franken. Wieviel sich für eine einzelne Mediation verrechnen lässt, hängt von der Mediationsdauer und dabei vor allem von der Anzahl der Teilnehmenden und der Komplexität der Fälle ab. Die mittleren Kosten pro Mediation beliefen sich inklusive Vorbereitungsaufwand auf etwa 1500 bis 2000 Franken. Die an der Umfrage im Jahr 2008 teilnehmenden Mediatorinnen und Mediatoren führten pro Jahr etwa 13 Mediationen durch.

Die Übernahme der Mediationskosten spiegelt das Spektrum der Auftraggeber. Private Beteiligte bezahlten in über 80% der Fälle die Mediationen im Familienbereich (Scheidung / Trennung / Kinder und Erbschaft und Nachfolgeregelung) selbst. Bei Mediationen im Bereich von Arbeitskonflikten und Strafsachen und Täter-Opfer-Ausgleich übernahmen häufig Arbeitgeber und Gerichte und/oder Sozialamt die Kosten. Bei Nachbarschaftsmediationen wiederum beglichen oft (Rechtschutz-)Versicherungen den Kostenaufwand.

Gerade zu Beginn einer selbständigen Mediationstätigkeit sollten die Verdienstschätzungen realistisch bleiben. Klein beginnen, sich ein weiteres Standbein erhalten und sich nach und nach als Mediator/in zu etablieren, hat sich als ein gangbarer Weg erwiesen. Wie wichtig es dabei ist, auf die eigenen Leistungen und Kompetenzen aufmerksam zu machen, behandeln wir im nächsten Abschnitt. 

Die Umfrage 2008:

https://www.mediation-ch.org/cms3/fileadmin/doc/umfragen/Umfrage_Mediation_2008.pdf

Die Umfage 2014

https://www.mediation-ch.org/cms3/fileadmin/doc/umfragen/Umfrage_Mediation_2014.pdf

 

Selbständig arbeiten – ohne Homepage geht nichts

Was nützt das beste Konzept, wenn von dem Angebotenen niemand weiss? Unabdingbar ist, auf sich und sein Angebot aufmerksam zu machen. Aber wie? Das eigene Netzwerk zu aktivieren ist mit Abstand das Wichtigste. Mit Mund-zu-Mund-Propaganda und der gezielten Ansprache von möglichen Auftraggebern, die regelmässig Mediationen anordnen oder in die Wege leiten. Dazu gehört auch, in den einschlägigen Verzeichnissen aufgeführt zu sein, die vom zum Beispiel von der FSM (für die anerkannten Mediationspersonen), den Mitgliedsorganisationen der FSM (für deren eigenen Mitglieder), aber auch von Kantonen oder Fachstellen geführt werden.

Eine gute Homepage gehört sicher dazu, sie dient als erste Anlaufstelle für Interessenten. Zu den Inhalten, die es dort zwingend braucht gehören neben der Kontaktmöglichkeit (Nr. 1 unter den Suchkriterien) das Porträt als Mediator/In, Angaben zur Spezialisierung, Ausbildung, Werdegang, Referenzen, Verweise auf Mitgliedschaften sowie, falls vorhanden, Publikationen. Ein guter, aktuell gehaltener Internetauftritt hilft, Vertrauen zu schaffen. Um (bei den Suchmaschinen) auffindbar zu sein, braucht es möglichst viele passende Schlagworte. Ein guter Auftritt lässt sich schon für einige Hundert Franken realisieren. Neben den Kosten für das einmalige Aufsetzen fallen regelmässige Kosten für das Hosting, dien Domainnamen sowie für Unterhalt und Pflege der Website an.

Die Präsenz in den sozialen Medien hilft ebenfalls, die gesetzte Ziele zu erreichen. Vor allem Facebook und LinkedIn sind hier die relevanten Netzwerke. Zu den weiteren Massnahmen gehört die Öffentlichkeitsarbeit, mit der Pflege von Kontakten zu Medienschaffenden, Verbänden und Behörden.
 

David Strohm betreut die Redaktion der FSM-Newsletters für dessen deutschsprachige Ausgabe.

 

Nützliche Links

Ausführliche und nützliche Informationen sind auf den folgenden Websites verfügbar:

Die FSM bietet Vorzugskonditionen für anerkannte, professionelle Mediatoren für die folgenden Versicherungen an:

  • Berufshaftpflichtversicherung
  • Rechtsschutzversicherung
  • Berufliche Vorsorge 2. Säule   

https://www.mediation-ch.org/cms3/de/verband/dachverband/dienstleistungen/berufspersonen